Hoppe, Maria Alraune: Die verträumte Zeit

: Roman / Maria Alraune Hoppe. – Wien : Verlagshaus Hernals, 2024. – 159 Seiten

ISBN 978-3-903442-60-3 / 3-903442-60-7 Festeinband : EUR 27,90 (AT)

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Quelle: bn.bibliotheksnachrichten, Reinhard Ehgartner

Eine sprachartistische äußere und innere Reise eines jungen Philosophen auf der Suche nach sich selbst. (DR)

Der Sprache ist nicht zu trauen, weshalb Philo, ein junger Philosophielehrer, nach einem sprachtheoretischen Disput effektvoll aus seiner Vorlesung verschwindet, um sich fortan jenseits sprachlicher zwischenmenschlicher Kommunikation selbst neu zu suchen. Stationen in Paris, Kärnten oder München, in düster-dunklen Unterwelten à la Dickens oder auf sonnenbeschienenen Almen sind jeweils mit menschlichen Begegnungen verbunden, in denen Philo verwirrt, bedrängt, geliebt oder bedroht wird.

Nach »Auf der Suche nach Man« (2019) und die »Wundersammlerin« (2022) hat Maria Alraune Hoppe mit »Die verträumte Zeit« einen weiteren Roman vorgelegt, in dem das Fantastische und die Realität wie mit einer Drehtür miteinander verbunden sind, Stühle zu sprechen beginnen, befremdliche Figuren einen merkwürdigen Sog entwickeln und die Albträume aus dem Nebenzimmer grüßen. All dies baut die Autorin aus originellen Miniaturen voll assoziativer Beobachtungen und sinnlicher Beschreibungen.

Als große Themen liegen Sein und Zeit und die Erfahrung von Isolation über dem Roman. Sie bilden sich ab in den Selbstgesprächen der Hauptfigur, in der fragmentarischen Erzählform, die einzelne Abschnitte nur lose verbunden aneinanderreiht, im bisweilen beklemmenden pantomimischen Traumgestus der Hauptfigur und nicht zuletzt in den unkommentierten Skizzen, die den Roman begleiten. Das Muster des Entwicklungsromans, das den Stationen hinterlegt ist, scheitert an der wesensmäßigen Unveränderlichkeit der Hauptfigur – entgegen der im Text ausgesprochenen Heimkehr Philos am Ende seiner Entwicklungsreise bleibt sich die Hauptfigur selbst fremd, ein sinnstiftender Zusammenhang bleibt unerreicht. – Ein Buch, das aufgrund der verweigerten Identifikation mit der Hauptfigur die Lesenden fordert und entsprechend befremdet zurücklässt. Eine Herausforderung für Literaturgesprächskreise.